Die Schäferfamilie Paukner


Über den Ort Nennslingen ist im Hercynia-Verlag das Buch "Spinnen, Weben, Schneidern ist der Weg zu Kleidern" von Evelyn Gillmeister-Geisenhof erschienen, das die Textilverarbeitung im 19. Jahrhundert beschreibt.

In dem Kapitel "Das Schafhüten" geht sie auf Vorfahren ein, die das Amt des Gemeindeschäfers inne hatten.


Schäferhaus

Für Nennslingen ist im l9. Jahrhundert immer ein eigener Gemeindeschäfer belegt. In den 20er und 30er Jahren des vorletzten Jahrhunderts ist als solcher Johann Friedrich Walbinger überliefert. Walbingers Nachfolger wird die Schäferfamilie Paukner, in manchen Archivalien auch mit Baukner bezeichnet, die über Jahrzehnte die Schäferei inne hat und auf dem halben Haus Nr. 66 (alte Hausnummer) ansässig ist.

Die Lebenssituation der Nennslinger Schäfer wird selbst aus dem dürren Archivmaterial plastisch. Besonders schwierig für den jeweiligen Schäfer war dabei der Umstand, daß der Vertrag über die Schafhut von der Gemeindeverwaltung nur für ein Jahr abgeschlossen wird. So ist beispielsweise in der Ansässig- und Verehelichungsakte des Schafknechts Johann Georg Paukner von 1858 zu lesen:

„Der Gemeindeschäfer aber ist immer nur auf 1 Jahr gedingt, und wenn die Gemeinde mit ihm unzufrieden ist, hat sie das Recht, sich einen andern ihr tauglicheren Schäfer zu wählen und es ist daher ganz ungewiß, ob Georg Michael Paukner seine Lebenszeit hindurch Gemeindeschäfer bleibt, und ob sein Sohn Johann Georg es je werden wird.

Die Gemeinde ist aber durchaus nicht willens, sich durch ein Versprechen irgend einer Art binden zu lassen, und behält sich ihr Recht bevor, die Schafhut nach ihrer Wahl vergeben zu dürfen."

Zur Verehelichung eines Paares ist bis 1868 auch die „Erlaubnis zur Ansässigmachung" verbunden gewesen, da durch das erworbene Heimatrecht im Falle einer Verarmung die Gemeinde für Unterkunft und Verpflegung aufzukommen hat. Bei dem Gesuch des Schäferknechts Johann Georg Paukner versucht die Gemeindeverwaltung und Armenpflege mit einer Fülle von Argumenten, die Ansässigmachung zunächst zu verhindern:

„... und zwar deshalb, weil der Antrag auf eine Vorbedingung gebaut ist, die ganz unstichhaltig ist. Es wird naemlich bei dem Gesuch mit Zuversicht daraufgerechnet, daß der Vater Georg Michael Paukner für seine Lebenszeit als Gemeindeschäfer angenommen sei, u. sein Sohn nach des Vaters Tod dessen Dienst erhalte...

2. weil Johann Georg Paukner außer Stand ist, sich mit Familie durch Lohnerwerb zu ernähren, obwohl er solches angegeben. Derselbe hat nie bei einem Bauern gedient, kann sich also in den ländlichen Arbeiten für sich selbst solche Fertigkeit erworben haben, daß er sich als Taglöhner sein Brod verdienen könnte, und daß um so weniger, da sich die brauchbarsten hiesigen Taglöhner alleine nicht zu nähren im Stande sind.

3. weil Paukner (25 Jahre, die Verf.) und seine Verlobte (23 Jahre, die Verf.) noch sehr jung sind, beide noch eine Reihe von Jahren dienen u. sich etwas ersparen können, was ihnen bei ihrer späteren Verheyrathung wohl thun wird. Legen sie während dieser Zeit einen soliden Lebenswandel an den Tag, führt sich insbesondere Paukner als Schafknecht so auf, daß die Gemeinde vertrauen zu ihm gewinnen kann, so wird man vielleicht später nicht abgeneigt sein, einem derartigen Gesuch zu entsprechen. Aus diesen Gründen ist das königliche Landgericht Weißenburg gehorsamst zu bitten, daß fragliche Gesuch abschlägig zu bescheiden."

Das Landgericht Weißenburg stimmt trotz der Vorbehalte der Gemeindeverwaltung dem Ansässigmachungsgesuch zu. Daraufhin schreibt die Gemeinde an die Regierung von Mittelfranken mit der Bitte um Ablehnung des Antrags des Schafknechts. Auch dort findet sie kein Gehör. Johann Georg Paukner heiratet 1858 in Nennslingen und wird später auch Gemeindeschäfer. Über sein Aussehen gibt uns die Personenbeschreibung im Militärentlassungsschreiben von 1856 eine gewisse Vorstellung:

Johann Georg Paukner Größe: 5 Fuß 3" 1"
Haare: roth
Stirn: hoch
Augenbraun: roth
Augen: braun
Nase: proportioniert
Mund: klein
Bart: klein
Kinn: rund
Gesichtsform: länglich
Gesichtsfarbe: roth
Körperbau: kräftig



Sein Sohn Georg Michael, 1865 geboren, heiratet 1889 und wird auch wieder Gemeindeschäfer in Nennslingen.

Die Gemeindeschäferei wird in Nennslingen noch bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts aufrecht erhalten.